Mittwoch, 4. Oktober 2023

Wechselbalg / Clarissa Bühler

OFFENES ENDE!

Bewertung: ★★★☆☆



Mo und Joe sind Brüder und die Erben eines renommierten Verlages. Während Mo Werte wichtig sind, die es ihm ermöglichen Karriere zu machen und eine Familie zu gründen, ist sein jüngerer Bruder komplett anders.

Der 16-jährige Joe ist labil und nach dem Unfalltod seines geliebten Onkels Robbie geht es ihm psychisch nicht gut. Er leidet sehr, denn sein einziger Halt neben Mo, um an dem cholerischen Vater und der instabilen Mutter nicht zu zerbrechen, ist nun weggebrochen.


In Kapiteln in angenehmer Länge wird einerseits Mo, der älteste Sohn der Familie von Treuenfels, in den Mittelpunkt gestellt. Diese Kapitel wechseln sich ab mit Kapiteln, in denen Marie, eine junge Studentin, die in Freiburg mit ihrem Studium beginnt, steht. Die Kapitel dieser Figuren sind in Erzählform gehalten.

Dann ist da auch noch Joe, der jüngere Bruder von Mo, dem die weiteren Teile der Kapitel gewidmet sind. Irritierend fand ich, dass Joe sich in die "Marie und Mo - Kapiteln" einmischt und Details über diese Figuren erzählt. Das machte mir den Einstieg in die Geschichte schwer, später empfand ich das als störend. Einzig Kapitel aus der Sicht von Joe sind in Ich - Form gehalten. In diesen Passagen gibt Joe sehr viel Persönliches preis und man spürt als Leser, wie es ihm psychisch schlechter und schlechter geht.

Etwas Probleme bereiteten mir die Zeitebenen. Gleich zu Beginn startet die Geschichte mit dem letzten Tag vor den Sommerferien im Internat von Mo und Joe. Drei Kapitel später arbeitet Mo im Verlag seines Vaters und denkt über eine Anmeldung bei einer Universität nach. Die Anmeldung zur Universität wurde dann jedoch nicht mehr erwähnt und so frage ich mich, was der Zweck war, diese zu thematisieren. Dann, wieder einige Kapitel später, steht er kurz vor dem Abschluss seines Studiums. Ich konnte das zeitlich nicht einordnen, denn daneben laufen die Kapitel "Marie" und " Joe" so, dass das Geschehen maximal ein paar Wochen dauert.

Der Schreibstil von Clarissa Bücher liest sich gut. Einzig ein paar aufgesetzte Sätze oder Stellen holpern etwas. Ausdrücke wie zum Beispiel......der hehren Erbschaft unserer Ahnen...Seite 295 oder " ...die Tür, die zu ihren Gemächern führte, stand offen" Seite 59 empfinde ich als altmodisch, künstlich und sie passen nicht recht zu einer Story in denen auf der anderen Seite Interviews, Laptops und E-Mails integriert sind.

Meine Lieblingsfigur ist Joe. Diesen labilen und selbstmordgefährdeten Teenager fand ich überzeugend charakterisiert. Mich fesselten die Kapitel von und mit Joe. Nicht warm wurde ich mit Marie und Mo.

Marie ist gottesfürchtig, naiv und weltfremd. Eine Einladung ihrer Mitstudenten "etwas trinken zu gehen" schlägt sie erschrocken ab, denn schon der Gedanke daran könnte sie verunreinigen (O-Ton). Marie passt, meiner Meinung nach, irgendwie nicht so richtig in die heutige Zeit.

Mo scheint aus einem anderen Jahrhundert gefallen. Ich bin mir nicht sicher, wann die Geschichte zeitlich einzuordnen ist. Aber da es Handys, E-Mail und Laptops gibt, siedle ich die Story in der realen Gegenwart an. Mo ist dagegen, mit einer Frau "vor der Ehe das Schlafzimmer zu teilen"(Seite 58) und hat Ansichten wie vor 100 Jahren. Mo wurde mir mehr und mehr unsympathisch mit seiner überheblichen Art. Er sieht auf Menschen herab, die nicht seinem Stand entsprechen. So sagt er zum Beispiel, dass er immer Untermenschen gehabt hat, die sich um niedere Belange kümmerten. Auch hier wieder sehr gestelzte Worte. Mo und Maries Passagen haben mir weit weniger zugesagt, da ich die Charakterisierung dieser Figuren als nicht passend in die Zeit, in der die Geschichte wohl handelt, empfand.

Die Geschichte um Mo, Marie und Joe endet mit einem offenen Ende und ist zum Schluss klar als erster Teil deklariert. Schade, wurde auf dem Cover nicht vermerkt, dass dies ein erster Teil ist. Da ich Reihen und nicht in sich abgeschlossene Bücher nicht mag, stehe ich nun vor vielen Fragen und müsste theoretisch bis zur Veröffentlichung der Fortsetzung warten, um eine Antwort zu finden. 

Ich bedanke mich bei Clarissa Bühler für das Rezensionsexemplar!

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