Mittwoch, 1. Juli 2020

Fenster zum Tod / Linwood Barclay

WIE COMPUTERSUCHT ZUM KRIMI WIRD...

Bewertung : ✭✭✭✭✫


Ray Kilbride zieht nach dem Tod seines Vaters eine Weile zu seinem Bruder Thomas. Thomas lebt, trotz seines Alters von 35 Jahren, immer noch im Elternhaus in Promise Falls. Nun will Ray sicherstellen, dass Thomas alleine zurecht kommt. Denn Thomas leidet unter Schizophrenie und verlässt das Haus kaum. Thomas hat zudem ein zeitintensives Hobby. Er reist virtuell in der Welt herum,besucht per Computer Städte, Dörfer und andere Kontinente. Bei einem solchen Besuch in Manhattan beobachtet Thomas einen Mord.



Nach den ersten Seiten machte sich erst mal Ernüchterung bei mir breit. Denn da werden bis in jedes Detail Strassen, Kreuzungen und Geschäfte in Manhattan beschrieben. Ich war in grosser Sorge, dass es so langatmig weiter geht. Erst nach und nach erfasst man als Leser, weshalb die ersten Seiten nur so strotzen von orthografischen Details. Denn genau das ist die Passion, nein … der Lebensinhalt von Thomas Kilbride. Er merkt sich Details von Städten, die er nur virtuell besucht. Thomas kann zum Beispiel auf Anhieb beschreiben, wie man von einem bestimmten Hotel in Paris zum nächsten Restaurant für vietnamesische Küche gelangt. Und das ohne jemals in der Stadt gewesen zu sein.
Das erinnert sehr an Menschen, die auf Grund einer Beeinträchtigung über eine besondere Begabung verfügen. Ich denke da vor allem an Menschen, die mit Autismus leben.
So gab mir die Figur richtig viel Stoff für Überlegungen. Sehr schnell konnte der Autor meine Neugier für diesen Charakter wecken. Ich empfand Thomas als überaus interessant. Er ist auch sehr witzig durch seine trockene Art. Vor allem bei seinen Gesprächen mit seinem Bruder Ray, der weitaus nüchterner und pragmatischer ist, musste ich oft schmunzeln. Thomas hat psychische Probleme, leidet unter Schizophrenie und Zwangsvorstellungen. Er bildet sich zum Beispiel Gespräche mit dem ehemaligen Präsidenten der USA, Bill Clinton, ein. Das hatte etwas tragisch - komisches, jedoch auch sehr authentisches.
Parallel zu den Kapiteln mit Thomas und Ray erfährt man die Geschichte rund um die Kellnerin Allison. Abgebrüht erpresst sie einflussreiche Leute und versucht so an Geld zu kommen um ihren gehobenen Lebensstandart zu sichern.
Hier konnte der Autor mich überraschen. Denn genau als ich dachte zu wissen, in welche Richtung dieser Strang geht, geschieht eine überraschende Wendung. Die Cliffhanger bei den Kapitelenden machen auch diesen Nebenstrang fesselnd.
Stück für Stück verbinden sich die Stränge zu einer tollen, schlüssigen und fesselnden Story. Unvorhersehbar steigert sich die Geschichte, die mit einem 35Jährigen mit einer Computersucht beginnt, zu einer Kriminalgeschichte.
Ich habe mich, ausser beim Einstig in das Buch, nie gelangweilt. Es geschieht immer irgendetwas und die Figur Thomas sorgt für Unterhaltung der besonderen Art!

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