Sonntag, 28. Dezember 2025

Belladonnas / Liann Zhang

IDENTITÄT, ETHNIE UND KLASSE...

Bewertung: ★★★★☆



Sie sind eineiige Zwillinge, wachsen aber nach dem tödlichen Unfall der Eltern getrennt auf. Julie Chan in ärmlichen Verhältnissen bei der Tante, Chloe van Huusen wird von einem reichen New Yorker Ehepaar adoptiert. Kontakt haben die beiden Frauen nicht. Julie folgt jedoch Chloe, die eine bekannte Influencerin ist.

 Als Chloe stirbt, schlüpft Julie problemlos in Chloes Leben. Julie spielt erfolgreich die vermögende Influencerin und sieht sich schon am Ende aller finanziellen Sorgen. Eine Reise auf eine Insel, die einer Freundin Chloes gehört, kann sie nicht absagen, um nicht aufzufallen. Die Clique Frauen, die sich Belladonnas nennen, durchschauen jedoch Julie und ihr Geheimnis. Nun muss sich Julie entscheiden, ob sie weiterhin der Welt Chloe vorspielen soll oder doch wieder ihre eigentliche Identität annimmt?

Laut Autoreninfos beschäftigt sich Liann Zhang in ihren Geschichten mit Identität, Ethnie und Klasse. Tatsächlich steckt von allen drei Themen ganz viel drin in "Belladonnas". Julie schlüpft in die Identität ihrer Zwillingsschwester Chloe und versucht, aus finanziellen Aspekten, diese Rolle möglichst gut auszufüllen. Ich fand diese Verwandlung, und wie es dazu kommt, unterhaltsam und amüsant. 

Auch das Thema Ethnie wird gut aufgegriffen. Die Belladonnas sind fast alle weisse und reiche US-Amerikanerinnen. Aber eben nur fast. Denn Julie/Cloe hat chinesische Wurzeln und das Thema People of Color schwingt mit. So wird zum Beispiel in der Clique gestritten, ob Influencerinnen mit heller Haut eher Erfolg haben und offener zu ihren Gefühlen stehen dürfen. Das Thema Klasse deckt die Tatsache ab, dass Chloe bei reichen Eltern und Julie in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs.

Julie erzählt in Ich Perspektive und lässt schon mal durchblicken, dass die ganze Social Media Welt eine Scheinwelt ist. Die Geschichte wandelt sich, als die Belladonnas zu ihrer Auszeit auf diese Insel reisen. Ab hier zeigten sich sektenähnliche Tendenzen und ich war entsetzt, was Gruppendruck und Gier nach Anerkennung für Auswirkungen haben kann. Oft fühlte ich mich wie in diesen trashigen Realityshows, in denen sich die Leute daneben benehmen. Man sitzt da und denkt sich, ob die nicht realisieren, dass sie peinlich sind. Genauso habe ich mich gefühlt in der langen Passage, die auf der Insel handelt. 

Die Sprache ist schon sehr auf jüngere Leser ausgerichtet. Viele Feeds, Likes, Vlogs oder Uploads. Teilweise ist die Sprache englisch gefärbt (Sie lächelte mit perlweissen Veeners).

Die Protagonistin Julie war mir nicht sympathisch und das muss sie auch nicht. Was mich aber wirklich gestört hat, sind die überzogenen Reaktionen, die sie zeigt. Dies vor allem gegen Schluss. Meiner Meinung nach haben die letzten 50 Seiten enorm viel kaputt gemacht in der ansonsten ansprechenden Story. Viele Klischees, wenn ich nur an den jungen und gut gebauten Mann dort auf der Insel denke, der sich aus Pflichtgefühl von allen Belladonnas benutzen lässt.

Sehr guter erster und Mittelteil, schwaches Ende mit überzogenem Handeln, klischeehaftem Verhalten und langatmigen Wiederholungen.

Für das Rezensionsexemplar bedanke ich mich bei Netgalley und dem Suhrkamp Verlag

2 Kommentare:

  1. Liebe Irene,
    vom Thema her erinnert mich einiges an "Yellowface", aber nur teilweise. Mein Fall ist es eher nicht.

    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Guten Abend Martina,
      Leider kenne ich Yellowface nicht und kann keine Vergleiche ziehen...
      Liebe Grüsse
      Irene

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