GENIALES DEBÜT!
Bewertung: ★★★★★
Der Traum von einem ruhigeren Leben als Familie lässt Ingo und Lara Fenske mit ihren Kindern nach Fehrdorf ziehen.
Sie haben einen Hof gekauft. Ingo pendelt zwischen Hamburg und der neuen Heimat hin und her und Lara versucht Anschluss im Dorf zu finden.
Als Ingo eines Abends auf seinem Nachhauseweg von der Arbeit einen weissen Damhirsch anfährt, sehen sich die Fenskes mit allerlei Aberglauben konfrontiert. Denn wer eine weisse Hirschkuh tötet, muss noch vor Jahresende selbst sterben. So denkt die Dorfgemeinschaft.
Was für ein geniales Werk ist dieses Debüt von Martina Behm. Sie stellt eine Dorfgemeinschaft ins Zentrum, in der jede und jeder seine kleine Freude, seine Sorgen und Probleme hat. Fehrdorf ist ein kleines Dorf in Schleswig-Holstein mit Bauernhöfen, die alteingesessene Familien von Generation zu Generation weitergeben. Und dann sind da auch noch etliche Zuzüger, die Resthöfe kaufen und versuchen, sich irgendwie in der Dorfgemeinschaft zu integrieren.
Die Autorin stellt in kunterbunter Folge etliche Bewohner vor und als Leser taucht man sofort ein in das Leben der Figuren. Der rote Faden in der Geschichte ist der Autounfall mit der nachfolgenden Tötung der weissen Hirschkuh. Verschiedene Sichtweisen auf diesen Unfall zeigen, dass eine Kollision mit einem Tier nicht für alle dasselbe bedeutet. Je nach Charakter, Hintergrund und Einstellung kann ein Ereignis immer wieder anders betrachtet werden.
Mir hat sehr gefallen, wie die Autorin in fliessenden Uebergängen von einer Figur zu anderen wechselt. Damit setzt sie dem Leser eine Szene aus verschiedenen Augenwinkeln vor. Da ist zum Beispiel Lara, die etwas erlebt und einige Abschnitte später erfährt der Leser, wie ihr Mann Ingo dieselbe Szene durchlebt. Diese unterschiedlichen Gesichtspunkte empfand ich immer wieder als Highlight in diesem Buch, denn diese machen die Handlung sehr lebendig.
Jede Menge Tiere, Menschen, die durch die Landwirtschaft ihr Leben verdienen und Jäger tummeln sich in dieser Story. Dabei zeigt Martina Behm nicht nur die wunderbare Artenvielfalt in der Natur, sondern auch die Kehrseite der Medaille. Wo Fleisch gegessen wird, müssen Tiere gezüchtet und unterhalten werden. Landwirte, die immer weniger für tierische Produkte bekommen, da der Hang zu immer günstigerem Fleisch geht. Es wird aber auch hervorgehoben, dass Bio in ist und der Konsument auch bereit ist dafür mehr zu zahlen.
Mir hat die Art des Schreibstils ausserordentlich gut gefallen. Nüchtern und sachlich erzählt Martina Behm die Geschichte. Teilweise sind Dialoge sehr auf das Wesentliche konzentriert und zeigen die wortkarge Art der Dorfbewohner. Ich werde mir diese Autorin merken!
Für das Rezensionsexemplar bedanke ich mich bei vorablesen und dem dtv Verlag!
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