Montag, 10. April 2023

Der Morgen / Marc Raabe

REIHENAUFTAKT!

Bewertung: ★★★★☆



Es ist eisig kalt in Berlin, als ein Verkehrsunfall etwas Schreckliches aufdeckt. Auf der Ladefläche eines Kleinlasters liegt eine tote Frau. Auf ihrem Körper steht mit Blut eine Adresse geschrieben: die Privatadresse des Bundeskanzlers. 

Es ist die erste Tote, mit der es Kommissaranwärterin Nele Tschaikowski im Dienst zu tun hat. Gemeinsam mit Art Mayer ermittelt sie in dem Fall und muss sich mit ihrem neuen Partner zusammenraufen. Ihr Chef Martin Buchwald vom SO44 des Bundeskriminalamtes Berlin hat Art Mayer unter einem fadenscheinigen Vorwand in den Dienst zitiert.

Die Geschichte wird in stetigen Wechseln auf zwei Zeitebenen geführt. Einmal in der Vergangenheit, als eine Clique Jugendlicher einen 13Jährigen mobbt. Das Mobbing stoppt erst, als sie sich zusammenraufen und etliches zusammen erleben. Der gemobbte Junge hat mich tief beeindruckt, denn er zeigt seinen Widersachern nicht nur die Zähne, sondern agiert intelligent und clever. Sehr schnell war mir klar, wie der Zusammenhang und vor allem die Identität der jungen Leute mit den Figuren in der Gegenwart ist. Einige überraschende Elemente lassen jedoch keine Langeweile aufkommen, denn der Autor liefert immer wieder neue Wendungen, die ich nicht habe kommen sehen.

In der Gegenwart erlebt man als Leser, wie Polizeianwärterin Nele Tschaikowski versucht, in einem bestehenden Team Fuss zu fassen. Sie hat zudem noch private Sorgen, die jedoch nicht im Mittelpunkt stehen. Hier merkt man gut, dass Nele für ihren Beruf lebt und alles gibt. Ihr neuer Partner Artur Mayer ist sehr schnell angetan von ihren Schlussfolgerungen. Und dies will was heissen, denn Art Mayer gehört zum Typ "einsamer Wolf" und ist nicht so ganz umgänglich. Das Gesprächs - Pingpong zwischen den beiden ist ein Lesevergnügen.

Als Kritikpunkt muss ich folgendes anbringen: Art Mayer leidet unter Diabetes, die er nicht so ernst nimmt, wie er es seiner Gesundheit zuliebe tun sollte. Er wirft immer wieder mal ein paar Traubenzucker rein, misst auch mal seinen Blutzucker und ist nach einer Unterzuckerung, die ihn ins Krankenhaus bringt, in Nullkommanichts wieder einsatzbereit. Die ganze Geschichte über hatte ich den Eindruck, hier wird die Krankheit Diabetes verharmlost dargestellt. Als ob es reichen würde, hin und wieder etwas Traubenzucker zu schlucken!

Die Geschichte ist sehr komplex, mit zwei Zeitebenen, etlichen Figuren, die erst in der Vergangenheit und dann wieder in der Gegenwart aufkreuzen und andere Namen tragen und Nebengeschichten, die nicht unbedingt zum Hauptfall gehören. Trotzdem hat der Autor es geschafft, das Ganze so zu strukturieren, dass ich nie den Faden verlor.

"Der Morgen" ist ein Reihenauftakt und ich freue mich schon auf den zweiten Fall mit den sympathischen Ermittlern Art Mayer und Nele Tschaikowski. Es ist ja für einen Autor relativ schwer, nach einem starken Protagonisten in einer nächsten Reihe wieder einen guten Wurf zu landen. Meiner Meinung nach steht dieses Ermittlerduo Tom Babylon aus der bestehenden Reihe in nichts nach.

Ich bedanke mich für das Rezensionsexemplar bei netGalley und dem Ullstein Verlag!

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