Montag, 3. Februar 2020

Das Versprechen der Sterne / Brooke Harris

BENÖTIGT ANLAUFZEIT!

Bewertung : ✭✭✭✭✫



Holly hat sich gerade von ihrem Freund Nate getrennt, als ihr Bruder Ben anruft. Ihre Grossmutter Annie liegt im Sterben. Holly reist sofort von Dublin nach Galway, wo ihre Nana in einem alten irischen Bauernhaus mit wunderschönem Obstgarten lebt. Die Familie versammelt sich um die Sterbende, und Holly liest ihrer Grossmutter aus einem Manuskript vor, das sie auf dem Dachboden gefunden hat. Durch das Vorlesen und die Zeit, die sie mit Nana verbringt, erkennt sie, dass der Entschluss Nate zu verlassen, nicht richtig war. Trotz der schrecklichen Zeit, in der Nate sie allein gelassen hat.





Die ersten hundert Seiten ziehen sich ordentlich. Erst danach wird es fesselnder, denn in zwei Zeitebenen erzählt die Autorin die Geschichte in der Gegenwart und um 1959, als Hollys Grossmutter Annie 20 Jahre alt ist.
Der Strang in der Gegenwart beschreibt zu Beginn viele Erinnerungen und die Trauer, dass die geliebte Grossmutter bald sterben wird. So wurde die Handlung stark herunter gefahren, die Trauer für mich jedoch zu wenig dicht beschrieben. Lange hatte ich das Gefühl, dass Holly, ihr Bruder Ben und auch die Eltern blutleer und sehr distanziert beschrieben sind. Erst als die Rückblicke in die Vergangenheit eingeflochten werden und die Lage um Hollys Grossmutter sich zuspitzt, kommt Leben in die Figuren. Wohl auch, weil eine überraschende Wendung, die die Beziehung von Holly und Nate betrifft, den Figuren mehr Gefühl und damit Tiefe verleihen. Ab dem Zeitpunkt in der Geschichte haben mich die Figuren berührt und ich habe mit ihnen gelitten. Abschied von einem geliebten Menschen zu nehmen, ist traurig und schwer. Noch dazu, wenn dieser Mensch sich aus verschiedenen Gründen gegen das Sterben sträubt. Gerade dieser Punkt wurde von der Autorin hervorragend heraus gearbeitet und hat mich schlucken lassen.
Der Schreibstil hat mir gut gefallen. Nur zu Beginn des Buches hatte ich ein paar mal den Eindruck, dass die Dialoge aufgesetzt wirken. Auch sind mir ein paar Dinge aufgefallen, die nicht stimmig sind. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass Annie seit der Geburt in dem kleinen Dorf lebt und einen jungen Mann, mit dem sie zur Schule ging, wieder trifft. Er hat seine Mutter sechs Jahre zuvor verloren, und das war Annie völlig unbekannt. Ein kleines Dorf, ein 15 jähriger, der seine Mutter verloren hat, und Annie weiss das nicht? Es hat mich sehr erstaunt, dass das nicht bis zu Annie durchgedrungen ist!
Dann die Tatsache, dass Holly ein Manuskript auf dem Dachboden findet. Und Marcy, die Pflegerin der Grossmutter, genau weiss, dass darin eine Botschaft für Holly zu suchen und finden ist. Ich nehme an, dass die Grossmutter ihr das verraten hat, da die Pflegerin das Buch ja nicht selbst gelesen hat. Aber weshalb hat die Grossmutter denn nicht auch verraten, wo es sich befindet? Weshalb lässt man Holly erst stundenlang suchen? Bis zum Fund wusste Holly ja nicht mal, dass es sich um ein Buch handelt. Sondern hat nach einem gemalten Bild gesucht.
Abgesehen von ein paar Ungereimtheiten, die, je länger ich gelesen habe, je weniger wurden, hat mir die Geschichte gut gefallen. Das Thema in der Gegenwart, der Abschied einer geliebten Person, ist genauso heftig, wie das Thema in der Vergangenheit. In der geht es um Gewalt in der Ehe und Familie. Ich muss gestehen, dass mich der Strang in der Vergangenheit um Längen mehr gefesselt hat. Zwar enthält die Vergangenheit und die Gegenwart eine Liebesgeschichte. Doch die Liebesgeschichte um Annie und ihren Freund empfand ich viel romantischer und überzeugender beschrieben, als das hin und her, das Holly und Nate veranstalteten.

Ein Dankeschön geht an den Goldmann Verlag und das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!

2 Kommentare:

  1. Jetzt ist das Buch ja doch noch mit vier Sternen bei dir weggekommen, liebe Irene.

    Die LeserInnen werden sehr schnell mit der Trauer, dem Schmerz und den Verlustängsten konfrontiert, sodass anfänglich kaum Zeit bleibt, die Figuren richtig kennenzulernen, ein Gefühl für sie zu bekommen und an einen früheren Punkt schon mit ihnen zu sein.
    Deine Kritikpunkte habe ich mit einem zustimmenden Nicken gelesen. Ebenfalls bei mir ein Grund, warum es eben nur vier Sterne sind.
    Was die Sache mit den Zeitebenen betrifft, muss ich gestehen, dass meine Familie und ich vor fast genau einem Jahr auch Abschied von einer geliebten Person nehmen mussten. Dieses Gefühlschaos, die Heulerei, das Durchspielen von Erinnerungen, etc. - es scheint eben erst gewesen zu sein. Vielleicht war ja deshalb die Gegenwart in dem Buch mir nicht allzu fern.

    Ganz liebe Grüße, Hibi

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    1. Liebe Hibi,
      Es wurde, je länger ich las, besser...
      Wir mussten auch letzten Sommer meinen Schwiegervater gehen lassen. Da kommen schon Erinnerungen hoch.
      Liebe Grüsse
      Irene

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