Sonntag, 4. Februar 2024

Was uns bleibt, ist jetzt / Ella Cornelsen

ERINNERUNGEN UND DEMENZ!

Bewertung: ★★★★☆



Ein Telefonanruf wirbelt das eingespielte Leben der Geschwister Fröhlich durcheinander. Ihr 86-jähriger Paps ist gestürzt und liegt im Krankenhaus. Jemand muss sich um Maman kümmern. Denn die 85 Jahre alte Mutter leidet an Demenz und wurde von ihrem Mann betreut. So treffen sich Ate, Severin, Ida und Vinzenz im Elternhaus in Möckingen und verbringen die Tage um Allerheiligen mit ihrer Mutter. Ein Zusammentreffen, das so seit ihrer Jugendzeit nie mehr zustande kam. Sie tauschen sich aus und entdecken, dass in ihrer Kind- und Jugendzeit vieles geschehen und nicht angesprochen wurde.

Die Geschwister Fröhlich müssen sich nicht nur mit dem Unfall ihres Vaters abfinden, sondern auch mit der Tatsache, dass ihre Maman mehr Pflege benötigt, als sie auf ihren kurzen Besuchen bisher mitbekommen haben.

Ihr 86-jähriger Vater hat bisher seine Frau in ihrer Alzheimererkrankung begleitet und sie betreut. Damit geschieht das, was vielen Kindern in der Mitte des Lebens passiert. Sie sehen sich mit der Tatsache konfrontiert, dass die eigenen Eltern nicht nur gebrechlich, sondern auch hilfsbedürftig werden. In dieser Geschichte nicht nur der betagte Vater, der wohl seine Kräfte überstrapaziert hat. Sondern auch die Mutter mit ihrer Krankheit Demenz, die sie mehr und mehr einschränkt.

Diese schonungslose Krankheit, der das Wesen eines Menschen verändert. Die demenzkranke Mutter wird oft sehr humorvoll dargestellt, teilweise ins Lächerliche gezogen. Gerade die Brabbelsprache, die andauernd eingesetzt wird, empfand ich als nicht  glaubwürdig. Ausserdem hebt die Autorin die Krankheit auf eine humorvolle Schiene, die nicht immer authentisch ist. Da die Geschwister zu viert für ihre kranke Mutter da sind, spielt auch die Ueberforderung, die oft die Angehörigen begleitet, keine Rolle. Auch das ist durch diese Momentaufnahme und als kurze Stippvisite von fünf Tagen nicht authentisch.

Neben der Pflege und Betreuung der Demenzkranken wabert ein Familiengeheimnis mit. Da war ich sehr gespannt darauf, das Ergebnis der dezent gestreuten Anspielungen zu erfahren. Dieses Geheimnis birgt eine Entdeckung, die die Geschwister erst 70 Jahre danach aufdecken und das mich berührt hat.

Es mischt ebenfalls eine Prise Liebe mit, da Ida auf dem Weg zum Elternhaus eine Bekanntschaft mit einem sehr viel jüngeren Mann macht und auch ihre beiden Brüder auf Freiersfüssen wandeln. Seltsam fand ich die älteste Tochter, Ate, die nicht nur ein Freigeist ist, sondern auch wegen einer unglücklichen Jugendliebe 30 Jahre später ihrer Mutter immer noch böse ist.

Die Geschichte ist so gestaltet, dass Ida in Ich Perspektive erzählt. Ab und zu empfand ich ihre Sicht auf ihre beiden auseinandergegangenen Ehen etwas langatmig. Damit ist sie nicht nur die Hauptfigur, man erfährt als Leser auch durchwegs nur ihre Sicht auf das Geschehen. Schön fand ich die Erinnerungen an eine glückliche Kinderzeit, die immer wieder erzählt werden. Ate, Vinzenz, Severin und Ida blicken mit der Distanz der Jahre auf schöne, traurige und verbindende Ereignisse ihrer Kindheit zurück.

Für das Rezensionsexemplar bedanke ich mich beim Bloggerportal und dem Blanvalet Verlag!

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