Sonntag, 15. September 2019

Picknick im Schatten / Judith Lennox

DAS WAR NIX...

Bewertung : ✭✭✫✫✫


Alix leitet eine Pension und verdient so nach dem Tod ihres Ehemanns Edward den Lebensunterhalt für sich und Söhnchen Rory. Durch die Woche beherbergt sie Pensionsgäste, am Wochenende veranstaltet sie Feste für zahlende Gäste. Die Idee dazu hatte Derry, der Bruder ihres besten Freundes Jonathan. Alix hat jedoch darauf bestanden, dass eine Person nie auf der Gästeliste zu finden ist: ihr Onkel Charles Lanchbury. Vor 18 Jahren war Alix mit der Familie ihres Onkels in Frankreich und bei einem Ausflug verschwand ihr 2jährige Neffe Charlie. Wofür ihr Onkel der damals 14 jährigen Alix die Schuld gegeben hat.





Einmal mehr ein Buch, bei dem der Klappentext total irreführend ist. Denn der Klappentext umschreibt nur den Inhalt des Prologes. Dann wird erstmal das Verschwinden des kleinen Charlie für 200 Seiten ad acta gelegt.
200 Seiten lang wird Alix Leben thematisiert. Sie arbeitet im Lazarett Fallowfield, lernt Edward kennen und begleitet in bei Ausgrabungen. Sie bekommt einen Sohn, wird Witwe und eröffnet eine Pension. Im Lazarett lernt sie ihren besten Freund Jonathan kennen. Diese Beziehung wird sehr oberflächlich beschrieben und mir haben eindeutig die (freundschaftlichen ) Gefühle gefehlt.
Zudem ist das Leben von Alix, gelinde gesagt, sterbenslangweilig. Die Handlung plätschert vor sich hin, vor lauter Gesprächen um Gefühle und Stimmungen, stagniert sie etliche Male.
Das Trauma, das Alix nach der Schuldzuweisung und dem Verschwinden des kleinen Charlie mit sich trägt, wurde einfach viel zu wenig ausgearbeitet und wirkt so nicht glaubhaft.
Nach 200 Seiten kommt etwas Fahrt in die Story und plötzlich werden auch wieder die traumatischen Erlebnisse in Frankreich in den Mittelpunkt gerückt.

Judith Lennox hat es leider überhaupt nicht geschafft, den Figuren Leben und Tiefe einzuhauchen. So wirken sie blutleer und flach, was meine Emotionen von Beginn weg im Keim erstickt hat.
Die unglaubhafte Charakterisierung von Alix habe ich ja weiter oben schon erwähnt. Ihr kleiner Sohn Rory, eine Marionette, die in die Ecke gestellt und hervorgekommen wird nach Bedarf. Ganz schlimm empfand ich den Macho Derry. Der nähert sich jedem weiblichen Wesen, das nicht bei drei auf den Bäumen ist. Erst zum Schluss wird er sympathischer und greifbarer.

Das Buch handelt von 1914 (Prolog) bis 1940 und ist jedoch beliebig austauschbar in der Zeit. Historische Ereignisse werden praktisch keine erwähnt. Die damals geltenden Moralvorstellungen wurden völlig ausgeklammert.
Munter treffen sich Männlein und Weiblein alleine bei Besuchen in den Wohnungen oder bei Spaziergängen. Übernachten bei der Pensionswirtin nach einem Fest ist kein Problem, obwohl die Mutter dieser Wirtin nebenan nächtigt.
Wenn schon Romane, die zu historischen Zeiten handeln, dann bitte überzeugend.
Gegen Mitte wird das Buch fesselnder und die Auflösung um den kleinen Charlie wird wieder thematisiert. Auch das Leben rund um Alix wird spannender und so habe ich mich doch etwas mit dem dürftigen Mittelteil ausgesöhnt.

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