Bewertung : ✭✭✭✭✫
1903 : Rahel Hirsch, tritt ihre erste Stelle als Aerztin an. Und zwar im renommierten Krankenhaus Charité in Berlin. Motiviert stürzt sie sich in die Arbeit, ein grosser Teil ist der Forschung gewidmet. Als einzige Aerztin mitten in einem Männerteam muss sie sich ganz schön behaupten. Sie kämpft um Anerkennung, Lohn und gleiche Rechte. Und immer wieder gegen Krankheiten, wie Syphillis und die Schrecken des Krieges.
Unterstützung bekommt sie, als sie Barbara Schubert kennen lernt, die in der Wäscherei des Krankenhauses arbeitet. Barbara schliesst sich der Frauenbewegung an und kämpft um Frauenwahlrecht und die Rechte der Frauen.
Können die beiden Frauen bewirken, dass die weiblichen Arbeiterinnen mehr Lohn und Anerkennung erhalten?
" Die Charité, Aufbruch und Entscheidung " ist der zweite, jedoch völlig unabhängige Band der Bücher von Ulrike Schweikert rund um das Krankenhaus Charité in Berlin. Keine der Figuren aus dem ersten Teil werden hier erwähnt und spielen eine Rolle. Mit völlig neuen Figuren startet man in dieses Buch.
Protagonistin Dr. Rahel Hirsch, die als erste weibliche Ärztin an der Charité arbeitet. Rahel Hirsch ist eine reale Figur und ein Blick in ihre Vita zeigt, dass sie ab 1908 sogar die Poliklinik in Berlin geleitet hat. Der Hirsch - Effekt, die Entdeckung, dass Stärkekörner in Blut und Urin nachgewiesen können, geht auf ihr Konto. Hier wurde sehr viel Geschichtliches eingewoben.
Ihre beste Freundin, Barbara Schubert, ist hingegen eine fiktive Figur. Obwohl die Tatsache, dass Frauen wie sie bis zu zehn Stunden täglich in der Wäscherei des Krankenhauses geschuftet haben, nur allzu real war.
Die Frauen haben eine grosse Gemeinsamkeit. Egal ob Klinik oder Wäscherei. In beiden Bereichen erhalten die Männer, trotz gleicher Arbeit und Ausbildung massiv mehr Lohn. Und so werden die Rechte der Frauen in dieser Geschichte zu einem zentralen Thema.
Etwas enttäuscht war ich, dass sich die Handlung weniger am Krankenbett, überhaupt im Krankenhaus abspielt. Mittelpunkt sind die Forschungen rund um die Medizin. Neu entdeckte Krankheiten, die ausgerottet werden müssen und Erfindungen wie zum Beispiel Röntgengeräte. Dies wird auch ausdauernd und ab und zu langatmig erzählt. Dazu kommt das Leben kurz vor der Mobilmachung und während des Krieges. Weit weg vom Schauplatz Krankenhaus Charité!
Wenn es auf 4 bis 5 Seiten um Röntgenapparate geht, wird es erstens sehr theoretisch und zweitens leidet die Handlung darunter. Solche theoretischen Passagen gab es auch rund um die Themen Politik, Fliegerei und Kriegsmächte.
Gut recherchierte geschichtliche Aspekte, Ereignisse und Details zeigen ein Stück des Lebens in Berlin von 1893 bis 1938. Die Weltlage, Mobilmachung und der drohende Krieg, jedoch auch das Leben, das oft karg und ärmlich ist, wird gut beschrieben. Anhand von Barbara, der in Armut lebenden Freundin von Rahel Hirsch, erkennt man, wie schwer Frauen zu der damaligen Zeit unter schrecklichen Bedingungen schuften mussten, um sich und der Familie das Überleben zu sichern.
Der Schreibstil der Autorin gefiel mir nach wie vor gut. Die oben beschriebenen langatmigen Stellen hätten zu Gunsten einer Handlung, die vermehrt im Krankenhaus spielt, gestrichen werden dürfen.
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